Beobachtungen der Milchstraße mit einer umgebauten Satellitenschüssel
Mit einfachsten Mitteln und einem Budget von unter 200 Euro ist es heute möglich, selbst Radioastronomie zu betreiben und die Milchstraße sichtbar zu machen – sogar mitten in einer Großstadt wie Berlin. Im Rahmen unseres Projekts haben wir gezeigt, dass man mit einer modifizierten Satellitenschüssel, einem rauscharmer Vorverstärker und einem günstigen SDR-Empfänger erstaunlich detaillierte Daten über unsere Galaxie gewinnen kann. Die notwendige Technik ist mittlerweile für jedermann verfügbar und die Auswertung gelingt mit frei zugänglicher Software auch ohne Programmierkenntnisse.
Ausgangspunkt unserer Arbeit war eine handelsübliche 1-Meter-Satellitenschüssel, wie sie für den Fernsehempfang verwendet wird. Wir kombinierten sie mit einem speziellen Empfangsfeed für 1.420 MHz, einem Vorverstärker vom Typ Sawbird H1 sowie einem SDR-Empfänger (NESDR Smartee) der Firma Nooelec.
Bereits mit dieser Konfiguration konnten wir deutliche Signale der 21-Zentimeter-Wasserstofflinie empfangen – einem charakteristischen Radiowellenbereich, der von neutralem Wasserstoff ausgesendet wird, dem häufigsten Element im Universum. Trotz der elektromagnetischen Störquellen in einer Großstadt waren die Spektren des galaktischen Wasserstoffs bereits nach wenigen Sekunden Integrationszeit klar sichtbar. Der Signalanstieg im schmalen Band der Wasserstofflinie betrug bis zu 1,3 dB über dem Grundrauschen.
Um die Auflösung unserer Messungen weiter zu erhöhen, setzten wir eine 1,8-Meter-C-Band-Satellitenschüssel ein, wie sie in Afrika und Asien für den Fernsehempfang im C-Band genutzt wird. Diese ist kostengünstig über chinesische Anbieter erhältlich und trotz der einfacheren Verarbeitung völlig ausreichend für radioastronomische Experimente. Die übrige Empfangstechnik blieb unverändert. Anstelle einer komplexen Nachführung der Antenne nutzten wir die Erdrotation, um Meridiantransits durchzuführen. Dabei wurde die Antenne in Richtung Süden ausgerichtet, und die Himmelsobjekte wanderten automatisch durch ihr Blickfeld.
Für die Auswertung der Daten verwendeten wir die kostenlose Open-Source-Software ezRA („easy Radio Astronomy“), die mit wenigen Klicks Signalkurven berechnet und daraus Radiobilder des Himmels erzeugt. So konnten wir die Milchstraße als leuchtendes Band abbilden, auch tagsüber und bei Bewölkung – etwas, das in der optischen Astronomie nicht möglich ist.
Die erzeugten Bilder basieren auf mehreren Dutzend Himmelsdurchgängen, bei denen wir die Elevation der Antenne jeweils um wenige Grad variierten. Die Software kombiniert die Daten, ordnet sie entlang der Himmelskoordinaten an und erstellt beeindruckende Radiokarten. Besonders spannend war die Aufhellung im Bereich des Cygnus-X-Komplexes – einem riesigen Sternentstehungsgebiet, das im optischen Bereich durch Staubwolken verdeckt ist, im Radiobereich jedoch deutlich hervortritt.
Neben den Radiobildern interessierte uns auch die Analyse der Bewegung von Wasserstoffwolken innerhalb der Galaxis. Da sich die Spiralarme der Milchstraße mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten relativ zu unserem Sonnensystem bewegen, zeigt sich dies als Dopplerverschiebung in den Spektren.
Mithilfe von ezRA konnten wir diese Verschiebungen auswerten und die Relativgeschwindigkeiten zum sogenannten lokalen Ruhestandard berechnen. So erhielten wir nicht nur ein Spektrum, sondern auch eine räumliche Verteilung der Wasserstoffwolken – und damit ein Bild der Spiralstruktur unserer Milchstraße.
Die Ergebnisse unserer Arbeit zeigen: Radioastronomie ist heute kein exklusives Feld professioneller Forschung mehr. Mit einfachsten Mitteln, etwas technischem Verständnis und frei verfügbarer Software lassen sich nicht nur wissenschaftlich interessante, sondern auch ästhetisch beeindruckende Einblicke in unsere Galaxie gewinnen. Unser Projekt steht exemplarisch für das Potenzial des Selbstbaus und lädt zum Nachmachen ein – sei es im Hobbybereich, in Schulen oder Hochschulen.